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Mathematik-Online-Lexikon:

Lineare partielle Differentialgleichungen zweiter Ordnung (in zwei Variablen)


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Eine partielle Differentialgleichung zweiter Ordnung in den Variablen $ \mbox{$x$}$ und $ \mbox{$y$}$ ist gegeben durch

$ \mbox{$\displaystyle
a(x,y) u_{xx} + 2 b(x,y) u_{xy} + c(x,y) u_{yy} + d(x,y) u_x + e(x,y) u_y + f(x,y) u + g(x,y) \; =\; 0
$}$
für gewisse Funktionen $ \mbox{$a$}$, $ \mbox{$b$}$, $ \mbox{$c$}$, $ \mbox{$d$}$, $ \mbox{$e$}$, $ \mbox{$f$}$, $ \mbox{$g$}$.

Die Diskrimante dieser Gleichung ist definiert als

$ \mbox{$\displaystyle
\Delta(x,y) \; :=\; -\det\left(\begin{matrix}a(x,y) & b(x,y) \\  b(x,y) & c(x,y)\end{matrix}\right) \; =\; b(x,y)^2 - a(x,y)c(x,y) \; .
$}$

Zunächst wollen wir den Anteil zweiter Ordnung $ \mbox{$a(x,y) u_{xx} + 2 b(x,y) u_{xy} + c(x,y) u_{yy}$}$ dieser Gleichung durch eine Transformation

$ \mbox{$\displaystyle
\begin{array}{rcl}
\xi & = & \xi(x,y) \\
\eta & = & \eta(x,y) \\
\end{array}$}$
auf eine einfache Gestalt bringen. Hierbei ist zu beachten, daß die Jacobi-Determinante $ \mbox{$\det\left(\begin{matrix}\xi_x & \xi_y \\  \eta_x & \eta_y\end{matrix}\right)$}$ nicht identisch verschwinden darf, damit wir eine Umkehrtransformation
$ \mbox{$\displaystyle
\begin{array}{rcl}
x & = & x(\xi,\eta) \\
y & = & y(\xi,\eta) \\
\end{array}$}$
erhalten. Es wird mit $ \mbox{$\tilde u(\xi,\eta) = u(x(\xi,\eta),y(\xi,\eta))$}$
$ \mbox{$\displaystyle
\begin{array}{rcl}
u_x & = & \tilde u_\xi \xi_x + \tild...
...a_y^2 + \tilde u_\xi \xi_{yy} + \tilde u_\eta \eta_{yy} \; . \\
\end{array}$}$
In den Koordinaten $ \mbox{$\xi$}$, $ \mbox{$\eta$}$ wird die Differentialgleichung also zu
$ \mbox{$\displaystyle
\begin{array}{rcl}
0
& = & \tilde u_{\xi\xi}\Big(\til...
... u\cdot\tilde f(\xi,\eta) \\
& + & \tilde g(\xi,\eta)\; , \\
\end{array}$}$
mit $ \mbox{$\tilde a(\xi,\eta) := a(x(\xi,\eta),y(\xi,\eta))$}$ usw.

In Differentialoperatoren gesprochen, ist der Anteil zweiter Ordnung gegeben durch

$ \mbox{$\displaystyle
\left(\left(\begin{matrix}D_x & D_y \end{matrix}\right)\...
... D_y \end{matrix}\right)\right) (u)\; = \; (D A D^{\operatorname t})(u) \; ,
$}$
wobei $ \mbox{$D_x$}$ und $ \mbox{$D_y$}$ nicht auf $ \mbox{$a$}$, $ \mbox{$b$}$, $ \mbox{$c$}$ anzuwenden seien. Da nun
$ \mbox{$\displaystyle
D \; =\; \left(\begin{matrix}D_x & D_y \end{matrix}\righ...
...matrix}\xi_x & \xi_y \\  \eta_x & \eta_y\end{matrix}\right)\; =\; \tilde D J
$}$
ist, wird der auf $ \mbox{$\tilde u$}$ anzuwendende transformierte Operator zu
$ \mbox{$\displaystyle
D A D^{\operatorname t}\; =\; \tilde D J A J^{\operatorname t}\tilde D^{\operatorname t}\; .
$}$
Und in der Tat geben die Einträge in $ \mbox{$J A J^{\operatorname t}$}$ die oben angeführte transformierte Gleichung.

Das Vorzeichen der Diskriminante bleibt wegen

$ \mbox{$\displaystyle
\det (J A J^{\operatorname t}) \; =\; (\det J)^2 \det A
$}$
bei der Transformation erhalten.

Man wählt die Transformation so, daß die Gleichung in den neuen Variablen eine partielle Differentialgleichung erster Ordnung wird. Naheliegend ist, durch einen Ansatz

$ \mbox{$\displaystyle
a(x,y) z_x^2 + 2 b(x,y) z_x z_y + c(x,y) z_y^2 \; =\; 0
$}$
für $ \mbox{$\xi$}$ und $ \mbox{$\eta$}$ Koeffizienten der transformierten Gleichung zum Verschwinden zu bringen. Diese sogenannte charakteristische Gleichung wird, falls $ \mbox{$a(x,y)$}$ nicht identisch verschwindet, zu
$ \mbox{$\displaystyle
\left( a z_x + (b - \sqrt{b^2-ac}) z_y\right)\left( a z_x + (b + \sqrt{b^2-ac}) z_y\right) \; =\; 0
$}$
faktorisiert. Lösungen von der charakteristischen Gleichung heißen Charakteristiken.

Man unterscheidet im folgenden die Fälle $ \mbox{$\Delta(x,y) = 0$}$, $ \mbox{$>0$}$ und $ \mbox{$<0$}$ jeweils auf dem zu untersuchenden Gebiet. Die Fälle, in denen $ \mbox{$\Delta(x,y)$}$ dort das Vorzeichen ändert oder nicht identisch verschwindet, werden nicht behandelt.

Für $ \mbox{$\Delta(x,y) = 0$}$ heißt die Gleichung parabolisch. In diesem Fall ist für die charakteristische Gleichung die Differentialgleichung

$ \mbox{$\displaystyle
a z_x + b z_y \; =\; 0
$}$
mit $ \mbox{$z = z(x,y)$}$ zu lösen. Wir können annehmen, daß $ \mbox{$a$}$ nicht identisch verschwindet, und daher auch, daß dies auch für $ \mbox{$z_y$}$ gilt - ansonsten wäre $ \mbox{$z$}$ konstant. Man substituiert $ \mbox{$\xi = z(x,y)$}$ und wählt $ \mbox{$\eta = \eta(x,y) = x$}$. Damit sind die Koeffizienten von $ \mbox{$\tilde u_{\xi\xi}$}$ und $ \mbox{$\tilde u_{\xi\eta}$}$ konstant null. Nach Division durch $ \mbox{$a$}$ bleibt eine Gleichung der Form
$ \mbox{$\displaystyle
\tilde u_{\eta\eta} \; =\; G(\xi,\eta,\tilde u,\tilde u_\xi,\tilde u_\eta)
$}$
zu lösen. In einfachen Fällen ist dies dann mit den bislang behandelten Methoden möglich.

Für $ \mbox{$\Delta(x,y) > 0$}$ heißt die Gleichung hyperbolisch. In diesem Fall bestimme man eine Lösung $ \mbox{$\xi(x,y)$}$ des ersten Faktors der charakteristischen Gleichung, und eine Lösung $ \mbox{$\eta(x,y)$}$ des zweiten, unter Beachtung dessen, daß $ \mbox{$\xi_x\eta_y -\xi_y\eta_x$}$ nicht identisch verschwinde. Damit sind die Koeffizienten von $ \mbox{$\tilde u_{\xi\xi}$}$ und $ \mbox{$\tilde u_{\eta\eta}$}$ konstant null. Nach Division durch den nicht identisch verschwindenden Koeffizienten von $ \mbox{$\tilde u_{\xi\eta}$}$ bleibt eine Gleichung der Form

$ \mbox{$\displaystyle
\tilde u_{\xi\eta} = G(\xi,\eta,\tilde u,\tilde u_\xi,\tilde u_\eta)
$}$
zu lösen.

Für $ \mbox{$\Delta(x,y) < 0$}$ heißt die Gleichung elliptisch. In diesem Fall bestimme man für die charakteristische Gleichung eine komplexe nicht konstante Lösung $ \mbox{$z = z(x,y)$}$ von $ \mbox{$a z_x + (b + \sqrt{b^2-ac}) z_y = 0$}$. Substituiert man $ \mbox{$\xi(x,y) = {\operatorname{Re}}(z(x,y))$}$ und $ \mbox{$\eta(x,y) = {\operatorname{Im}}(z(x,y))$}$, so verschwindet der Realteil der charakteristischen Gleichung; es ist also

$ \mbox{$\displaystyle
a \xi_x^2 + 2 b \xi_x\xi_y + c \xi_y^2 \; =\; a \eta_x^2 + 2 b \eta_x\eta_y + c \eta_y^2 \; .
$}$
Da die Form $ \mbox{$(s,t)\mapsto a s^2 + 2 b st + c t^2$}$ unter den gemachten Voraussetzungen definit ist, kann sie nur für $ \mbox{$\xi$}$ und $ \mbox{$\eta$}$ konstant verschwinden, was ausgeschlossen war. Der Imaginärteil der charakteristischen Gleichung ist zum einen der Koeffizient von $ \mbox{$\tilde u_{\xi\eta}$}$ und zum anderen konstant gleich null. Nach Division durch den nichtverschwindenden übereinstimmenden Koeffizienten von $ \mbox{$\tilde u_{\xi\xi}$}$ und $ \mbox{$\tilde u_{\eta\eta}$}$ bleibt eine Gleichung der Form
$ \mbox{$\displaystyle
\tilde u_{\xi\xi} + \tilde u_{\eta\eta} = G(\xi,\eta,\tilde u,\tilde u_\xi,\tilde u_\eta)
$}$
zu lösen.

(Autoren: Künzer/Meister/Nebe)

[Beispiele] [Verweise]

  automatisch erstellt am 25.  1. 2006