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Mathematik-Online-Kurs: Vektoranalysis - Potentialtheorie - Skalares Potential

Potential eines Gradientenfeldes


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Ist

$\displaystyle \vec{F} = \operatorname{grad}U
\,,
$

so bezeichnet man $ U$ als Potential des Vektorfeldes $ \vec{F}$. Für ein solches Gradientenfeld ist das Arbeitsintegral wegunabhängig und kann als Potentialdifferenz berechnet werden. Für jeden Weg

$\displaystyle C:\quad t \mapsto \vec{r}(t)\,,\quad t\in[a,b]\,,
$

von $ A:\vec{a}=\vec{r}(a)$ nach $ B: \vec{b}=\vec{r}(b)$ gilt

$\displaystyle \int\limits_{C} \vec{F}\cdot d\vec{r} = U(B)-U(A)\,,
$

wobei in Anlehnung an die Schreibweise einer Stammfunktion für $ U(B)-U(A)$ auch $ \left[U\right]_A^B$ geschrieben wird.

Insbesondere ist $ \int\limits_{C}\vec{F} \cdot d\vec{r}=0$ für geschlossene Wege $ C$.


Definiert man $ \psi(t)=U(\vec{r}(t))$, so gilt nach dem Hauptsatz der Integral- und Differentialrechnung

$\displaystyle U(B)-U(A) =\psi(b)-\psi(a)=\int\limits_a^b
\frac{d}{dt}\,\psi(t)\,dt \,,
$

und nach der Kettenregel ist

$\displaystyle \frac{d}{dt}\psi(t)= \operatorname{grad} U \cdot \vec{r}\,'(t)\,.
$

Wegen $ \operatorname{grad} U = \vec{F}$ folgt

$\displaystyle \int\limits_a^b \frac{d}{dt}\,\psi(t)\,dt =
\int\limits_a^b \vec{F} \cdot \vec{r}\,'(t)\,dt = \int\limits_C \vec{F}\cdot
d\vec{r}\,.
$


Als Beispiel werden das Vektorfeld

\begin{displaymath}
\vec{F}(x,y)=\left(
\begin{array}{c}
x\\ -y\\
\end{array}\right)
\end{displaymath}

und die Wege

$\displaystyle C_1: \quad$ $\displaystyle \vec{r}_1(t)=\left( \begin{array}{c} \cos t \\ \sin t\\ \end{array}\right),\quad t \in[0,\pi/2]\,,$    
$\displaystyle C_2:\quad$ $\displaystyle \vec{r}_2(t)=\left( \begin{array}{c} 1-t \\ 0\\ \end{array}\right),\quad t \in[0, 1]\,,$    
$\displaystyle C_3:\quad$ $\displaystyle \vec{r}_3(t)=\left( \begin{array}{c} 0\\ t\\ \end{array}\right),\quad t \in[0, 1]\,,$    

betrachtet.

\includegraphics[width=.4\linewidth]{b_potential}

Für das Arbeitsintegral von $ (1,0)$ nach $ (0,1)$ entlang $ C_1$ erhält man

$\displaystyle \int\limits_{C_1} \vec{F}\cdot d\vec{r}$ $\displaystyle = \int\limits_0^{\pi/2}\left( \begin{array}{r} \cos t\\ -\sin t\\...
... t\\ \cos t\\ \end{array}\right)\,dt = \int\limits_0^{\pi/2} -2\sin t\cos t\,dt$    
  $\displaystyle = [\cos^2 t]_0^{\pi/2} = -1$    

und entlang $ C_2+C_3$


$\displaystyle \int\limits_{C_2+C_3} \vec{F}\cdot d\vec{r}$ $\displaystyle = \int\limits_0^1\left( \begin{array}{c} 1-t\\ 0\\ \end{array}\ri...
... \end{array}\right)\cdot \left( \begin{array}{c} 0\\ 1\\ \end{array}\right)\,dt$    
  $\displaystyle = \int\limits_0^1 -1\,dt = -1\,.$    

Verwendet man das Potential

$\displaystyle U(x,y)=\frac{1}{2}(x^2-y^2)
$

von $ \vec{F}$, so erhält man für beliebige Wege $ C$ von $ (1,0)$ nach $ (0,1)$ ebenfalls

$\displaystyle \int\limits_C \vec{F} \cdot d\vec{r} = U(0,1) - U(1,0) =
-\frac{1}{2}-\frac{1}{2} = -1\,.
$


Für ein radialsymmetrisches Skalarfeld

$\displaystyle U(x,y,z)=\psi(r)
$

gilt

$\displaystyle \operatorname{grad}U =
\psi'\,\vec{e}_r\,.
$

Deshalb besitzt ein radiales Vektorfeld $ \vec{F} = f\vec{e}_r$ immer ein Potential. Man muss lediglich die Stammfunktion von $ f$ bilden.

Beispielsweise ist für das Gravitationsfeld mit $ f(r)=-{\gamma Mm} r^{-2}$, d.h.

$\displaystyle \vec{F}(x,y,z) = -{\gamma Mm} r^{-2}\vec{e}_r,
$

$ U={\gamma Mm} r^{-1}$ ein Potential.

Um von einem Punkt $ P$ aus das Gravitationsfeld zu verlassen, muss damit die Arbeit

$\displaystyle -\left(\lim_{\vert\vec{q}\vert\to\infty} {\gamma Mm}/\vert\vec{q}\vert - {\gamma Mm}/\vert\vec{p}\vert\right) =
{\gamma Mm}/\vert\vec{p}\vert
$

gegen das Kraftfeld aufgewendet werden. Setzt man dies zur kinetischen Energie $ (m/2)v^2$ in Beziehung, so wird bei einem antriebslosen Flug eine Startgeschwindigkeit

$\displaystyle v = \sqrt{\frac{2{\gamma M}}{\vert\vec{p}\vert}}
$

benötigt. Für $ \gamma =6.7 \cdot 10^{-11}
\frac{\textrm{m}^3}{\textrm{kg}\textrm{s}^2}$ und die Erdmasse $ M=6.0\cdot
10^{24} \textrm{kg}$ ergibt sich beim Start von der Erdoberfläche, also bei $ \vert\vec{p}\vert=R=6.4\cdot 10^6 \textrm{m}$, eine Fluchtgeschwindigkeit von

$\displaystyle v= \sqrt{\frac{2\cdot 6.7\cdot 6.0}{6.4}\,10^7}\, \frac{\textrm{m}}{\textrm{s}}
\approx 11.2\,\textrm{km}/\textrm{s}\,.
$


Ein Elektron bewegt sich in einer Spulenwindung der Höhe $ h$, d.h. entlang des Weges

\begin{displaymath}
C:\,\vec{r}(t)=\left(
\begin{array}{c}
\cos t \\ \sin t \\ ht/(2\pi)\\
\end{array}\right),\quad t\in[0,2\pi],
\end{displaymath}

im elektrischen Feld

$\displaystyle \vec{F}(\vec{r})=\frac{1}{r^2}\vec{e}_r\,,\quad r=\vert\vec{r}\vert\,,
$

das von einer Punktladung im Ursprung induziert wird. Die dabei verrichtete Arbeit ist

$\displaystyle \int\limits_C \vec{F}\cdot d\vec{r}$ $\displaystyle = \int\limits_0^{2\pi} \frac{1}{(\cos^2 t +\sin^2 t +h^2t^2/(4\pi...
... \left( \begin{array}{c} -\sin t \\ \cos t \\ h/(2\pi)\\ \end{array}\right)\,dt$    
  $\displaystyle = \int\limits_0^{2\pi} \frac{h^2t/(4\pi^2)}{(1+h^2t^2/(4\pi^2))^{...
...frac{2\pi }{\sqrt{4\pi^2+h^2t^2}}\right]_0^{2\pi} = 1-\frac{1}{\sqrt{1+h^2}}\,.$    

Alternativ lässt sich die Arbeit über die Differenz der Werte des Potentials

$\displaystyle U(x,y,z) = -1/r
$

an den Endpunkten der Kurve,

$\displaystyle \vec{r}(0) = \left(\begin{array}{c}1\\ 0\\ 0\end{array}\right)\,,\quad
\vec{r}(2\pi) = \left(\begin{array}{c}1\\ 0\\ h\end{array}\right)\,,
$

berechnen. Dies ergibt ebenfalls

$\displaystyle U(1,0,h)-U(1,0,0) = -\frac{1}{\sqrt{1+h^2}}+1\,.
$


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  automatisch erstellt am 9.10.2013